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Für Rechtsextreme keine Chance

© Melanie Albrecht Photodesign

Ländlich gelegen, wenige Einwohner*innen und kaum junge Menschen – oft sind es diese Orte, an denen rechtsextreme Strukturen sich verfestigen. Dort treten rechtsextremen Akteure als normale, nette Nachbar*innen auf, engagieren sich in Kindergärten oder Vereinen, schaffen Freizeitmöglichkeiten für die Jugendlichen. Die Konsequenzen sind gefährlich. Rechtsextreme besetzen Ämter in der Kommunalpolitik, Neonazis veranstalten gut besuchte Rechtsrock-Konzerte und Beratungsstellen berichten von konstant hohen Zahlen an rechtsextremen Vorfällen.

Doch nicht überall läuft es so. Mit engagierten Menschen vor Ort, ihren kreativen Ideen und einer konsequenten Positionierung gegen Rechtsextremismus und Rassismus kann ein Dorf entstehen, dass bunt, lebendig und offen für alle ist: Ein Dorf wie Radegast. Die Amadeu Antonio Stiftung unterstützt die Engagierten.

Ein Dorf lebt auf 

Etwa 1.100 Menschen wohnen in Radegast, einem kleinen Ort mitten in Sachsen-Anhalt. Vor einigen Jahren sah es hier noch anders aus. Der Spielplatz war in die Jahre gekommen, Orte zum Zusammenkommen waren beschädigt oder gar nicht vorhanden. Es gab wenige Vereine, in denen sich das Dorfleben abspielen konnte. Ein Gemeinschaftsgefühl war nicht zu spüren. Der Verein Radegast (be)leben e.V. änderte das. Mit Engagement gegen Rechtsextremismus und Rassismus, mit Festen und einem Jugendprojekt brachten Freiwillige neuen Schwung in das Dorfleben.

Begonnen hatte alles mit zwei Familien, die sich vornahmen, das verschlafene Radegast mit neuem Leben zu füllen. Sie planten ein kleines Dorffest, um die Nachbarschaft zusammenzuführen, sich auszutauschen und besser kennenzulernen. Das kam gut an in Radegast. Eine Reihe weiterer Feste folgten. Dabei blieb irgendwann etwas Geld übrig und ganz nach der Grundidee sollte dieses natürlich in das Dorf fließen. Der kaputte Brunnen wurde repariert, neue Bänke wurden aufgestellt. Irgendwann entstand die Idee, einen Verein zu gründen. „Aus den zwei Familien wurden auf einmal 30 Mitglieder“, erzählt Vereinsmitglied Elias Mozdzanowski. Das Ziel: Den Ort und die Gemeinschaft lebhaft und offen für alle zu gestalten. Und so machte sich Radegast (be)leben e.V. an die Arbeit.

Die Feste sind nicht nur für die Radegaster*innen, sondern auch von ihnen organisiert – Jede*r wirkt mit. Es gibt verschiedene Verantwortlichkeiten, „aber es ist meist ein riesiger Ameisenhaufen, der versucht, etwas gemeinsam auf die Beine zu stellen.“, erzählt Elias Mozdzanowski. Dabei ist so viel Einsatz nicht selbstverständlich. Die Beteiligten machen alles ehrenamtlich und in der Freizeit neben ihrem eigentlichen Job. Dass das viel Leidenschaft voraussetzt, zeigt sich in den verschiedenen kreativen Aktionen, die bereits stattfanden.

Radegast will auch über den Tellerrand und vor allem die eigene Ortsgrenze hinausschauen. Zum Beispiel mit gesellschaftlichem Engagement. Der Verein veranstaltete ein Flunkyball-Turnier. Was sich zuerst wie ein einfaches Trinkspiel anhört, ist ein ganzes Event für eine offene Gesellschaft geworden. Verschiedene Aktionen und Organisationen sind dabei, wie zum Beispiel „Pfand gehört daneben“, die Initiative Flunkyball gegen Rechts und Viva con Agua. Bei einer Spendenaktion wurde für „Leave No One Behind“ gesammelt.

Ein Ort für die Jugendlichen

Schließlich gab es in Radegast die regelmäßigen Feste, Treffpunkte für die Erwachsenen und einen schönen neuen Spielplatz für die Kinder. Es fehlte also noch ein Angebot für Jugendliche. Vor zwei Jahren starteten deshalb erste Planungen und Projekte für die Zielgruppe. Die Jugendlichen nahmen das Angebot nicht nur freudig an, sie wollten sogar selbst die Organisation in die Hand nehmen. Ihr großer Wunsch war von Anfang an ein Jugendtreff. Mit einem Container und einem Außenbereich soll nun ein Ort dafür geschaffen werden.

Der Treff soll aber auch verschiedene Aktionen für und mit den Jugendlichen anbieten: Workshops, Projekte und die gemeinsame Gestaltung der neu geschaffenen Bereiche sind in Planung. Die Beteiligung der Jugendlichen von Anfang an war wichtig, betont Elias Mozdzanowski, der sich bei Badegast (be)leben engagiert. „Gerade wenn sie selbst bauen, selbst entwerfen und etwas Eigenes schaffen, passen sie selbst eher drauf auf, dass nichts kaputt geht oder zerstört wird.“ Die inhaltliche Ausrichtung soll sich in das Engagement der Dorfgemeinschaft einfügen. Die Workshops haben das Ziel, demokratisches Handeln zu stärken und die Jugendlichen stark und laut gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus zu machen. Und es gibt noch viel mehr Ideen: Thementage zum umweltbewussteren Leben, Koch-Workshops in der Vereinsküche, eine Naturwanderung mit dem Förster, um zu erfahren, welche Kräuter aus der Umgebung eigentlich essbar sind.

Skizze für den Jugendtreff von © Radegast beleben e.V.

Die Coronapandemie schränkt die Arbeit des Vereins und die Planungen des Projektes ein. Aber auch sonst läuft nicht alles glatt. Für den Container und die Aufbauten ist eine Genehmigung erforderlich. Eine Anfrage ist eingereicht, die Bearbeitung läuft aber noch. Einen Großteil der Finanzen müssen die Engagierten selbst aufbringen. Neben der finanziellen Förderung durch die Amadeu Antonio Stiftung ist der Verein bei seinem Projekt auf Spenden und die Hilfe von beteiligten Unternehmen angewiesen.

Elias Mozdzanowski und die anderen Engagierten verlieren deshalb aber nicht den Mut. Sie kämpfen weiter für die Vision ihres toleranten und weltoffenen Radegasts. Was dabei hilft, sind die vielen besonderen Momente in der Vereinsarbeit. Für Mozdzanowski sind das vor allem die, an denen die Leute zu ihm und den anderen Mitgliedern kommen und sich bedanken. Für die Arbeit und die Mühe des Vereins, für die Feste, Aktionen und das unermüdliche Engagement für eine offene Dorfgemeinschaft.

 

Mehr Informationen und Einblicke in die Arbeit des Vereins und dem Projekt gibt es hier: http://www.radegast-beleben.de/ oder auf Facebook (https://www.facebook.com/radegastbeleben/) und Instagram (https://www.instagram.com/radegast_beleben_e.v/)

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