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Gemeinnütziger Fonds zur Unterstützung von Betroffenen geschlechtsspezifischer Gewalt „Tilda“ wird gegründet – Erlöse der Kampagne „Wie Viel Macht 1€“ sollen nachhaltig wirken

Die Initiator*innen der Spendenkampagne „Wie Viel Macht 1€“ und die Amadeu Antonio Stiftung geben knapp 80 % der Spendengelder an einen neu eingerichteten Fonds zur Unterstützung von Betroffenen geschlechtsspezifischer Gewalt. Die Gelder der Spendenaktion zur Unterstützung mutmaßlicher Betroffener von Rammstein-Sänger Till Lindemann sollen langfristig über den Fall hinauswirken.

„Wie Viel Macht 1€“ haben kann, bewiesen zahlreiche Menschen im vergangenen Sommer: Mehr als 826.000 Euro wurden für die gleichnamige Kampagne gespendet, um Betroffenen das Signal zu geben, dass sie nicht alleine sind und offen über Erfahrungen von Machtmissbrauch oder sexuellen Übergriffen sprechen können. Ausgangspunkt waren zu erwartende anwaltliche Abmahnungen gegen Betroffene, die mutmaßlich sexualisierte Gewalt im Umfeld der Band Rammstein erfahren haben und darüber öffentlich berichteten. Mit der Spendenkampagne sollten die finanziellen Bedarfe von Betroffenen gedeckt werden. Initiiert wurde die ehrenamtlich geführte Kampagne von Jasmina Kuhnke, Nora Tschirner, Carolin Kebekus, Rezo, Roger Reckless, Micha Fritz, Jany Tempel, MeTooGermany und Jannik Rienhoff. Die Amadeu Antonio Stiftung übernahm die Trägerschaft der Spendenaktion. Nach Abzug der bei der Spendenplattform betterplace.org verbliebenen Transaktionskosten verfügt die Kampagne nach Ende der Sammlung über 805.271,42 Euro, die unmittelbar Betroffenen zugutekommen.

Mehr als 88.000 Euro zur Unterstützung von Rammstein-Betroffenen – weitere Rammstein-Betroffene können sich melden: Für diese werden 100.000 Euro bereitgehalten

Durch die Spendenaktion haben sich Frauen ermutigt gefühlt, sich bei der Amadeu Antonio Stiftung zu melden, um von ihren Erfahrungen mit dem Sänger der Band Rammstein, Till Lindemann, und dessen Bandmitgliedern zu berichten. In mehreren Fällen konnte die Stiftung bereits eine Summe von 88.241,95 Euro für Anwält*innenkosten und Therapiekosten zusichern. Bei weiteren Fällen fanden und finden momentan noch beratende Gespräche statt. Die Bedarfe aus diesen und möglichen weiteren Anfragen werden geprüft und zukünftig aus dem Fonds Tilda gezahlt.

Zeitgleich haben sich bei der Amadeu Antonio Stiftung eine Vielzahl Betroffener gemeldet, deren Erfahrungen zwar keinen Bezug zum Umfeld der Band Rammstein aufwiesen, aber über ihre geschlechtsspezifischen Gewalterfahrungen, insbesondere im Kultur-Bereich, berichtet und nach Unterstützung gefragt haben. Aus dieser Vielzahl von Anfragen wurde der Bedarf eines Fonds für Betroffene geschlechtsspezifischer Gewalt deutlich, für den die verbleibenden Mittel der Spendenaktion genutzt werden sollen. Ein derartiger Fonds existiert bislang nicht und wird eine Leerstelle füllen. Der neu entstandene Fonds Tilda unter dem Dach der stattBlumen gUG, eine gemeinnützige Organisation, die sich seit der Corona-Pandemie für mehr Geschlechtergerechtigkeit einsetzt, schließt diese Lücke. Deutschlandweit gibt es mit dem bff: Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe bereits ein großes Netzwerk an Beratungsstellen. Der Fonds ergänzt deren Beratungsangebot durch die finanzielle Unterstützung Betroffener geschlechtsspezifischer Gewalt, die weit zahlreicher sind als nur im Fall Rammstein. Die Mittelauszahlung durch den Fonds ist aktuell im Aufbau und startet im Januar 2025.

„Mit der Gründung des Tilda-Fonds haben die Spender*innen so viel mehr erreicht, als wir zum Beginn der Kampagne im Sinn hatten. Denn dadurch können wir nicht nur die Betroffenen im konkreten Fall unterstützen, sondern wir können den Beratungsstellen zukünftig ein Stück mehr Sicherheit geben, um Betroffene geschlechtsspezifischer Gewalt bei anfallenden Kosten finanziell zu unterstützen, die von staatlichen Leistungen oft nicht gedeckt sind oder für deren Erstattung in vielen Fällen die Hürden zu hoch sind“, so Jasmina Kuhnke, eine der Initiator*innen der Spendenkampagne.

Dr. Jannik Rienhoff, Mit-Initiator, ergänzt: „Diese Unterstützung kommt unmittelbar den Betroffenen zugute, die weit zahlreicher sind als nur im konkreten Fall. Gemeinsam möchten wir strukturelle Missverhältnisse, wie Machtmissbrauch, nicht nur verstehen, sondern diese gesellschaftlich angehen. Betroffenen die bestmögliche Unterstützung zu ermöglichen, sollte dabei im Vordergrund stehen.“

„Aus Studien wissen wir, dass mindestens jede siebte Frau in Deutschland strafrechtlich relevante sexualisierte Gewalt erlebt. Laut einer aktuellen Dunkelfeldforschung des Bundeskriminalamtes wird sexualisierte Gewalt aber in nur einem Prozent der Fälle angezeigt. Warum das Einstellen des Verfahrens gegen Till Lindemann durch die Staatsanwaltschaft Berlin nicht gleichbedeutend damit ist, dass es keine Betroffenen gäbe, erklärt sich damit auch“, so Katharina Göpner, Geschäftsführerin des bff.

Daher wird der Fonds Tilda von den erhaltenen Kampagnengeldern 100.000 Euro eigens für Betroffene zurücklegen, die sich im Zuge der Vorwürfe gegen den Sänger der Band Rammstein, Till Lindemann, eventuell noch melden werden, um diese bei Bedarf unterstützen zu können.

Knapp 80 % der ursprünglichen Spenden gehen an einen Fonds für Betroffene geschlechtsspezifischer Gewalt

Mit stattBlumen gUG konnte ein gemeinnütziger Träger gewonnen werden, der eng mit dem bff kooperiert und gemeinsame Förderleitlinien entwickelt hat. Die Gründer*innen von stattBlumen haben sich über Jahre für die Schaffung eines solchen Fonds eingesetzt und Expertise wie Startkapital eingeworben. Der Fonds wird Frauen, Lesben, Inter, Nicht-binäre, Trans und Agender Personen (FLINTA*) unterstützen, die aufgrund ihrer Erfahrungen geschlechtsspezifischer Gewalt finanzielle Hilfe benötigen. Die Initiator*innen der Spendenkampagne „Wie Viel Macht 1€“ und die Amadeu Antonio Stiftung werden den Fonds mit einem Startkapital von über 630.000 Euro ausstatten.

Ruth Meding, Mit-Gründerin von Tilda: „Wir haben zusammen mit dem bff schon lange am Konzept von Tilda gearbeitet, aber das Startkapital für einen solchen Unterstützungs-Fonds hat bislang gefehlt. Mit den Erlösen aus der Spendenkampagne kann Tilda jetzt nachhaltig an der Seite Betroffener geschlechtsspezifischer Gewalt stehen und dringend benötigte Gelder schnell und unbürokratisch zur Verfügung stellen. Darunter fallen zum Beispiel Anwalts- und Prozesskosten, Fahrtkosten in eine sichere Unterkunft, Übernachtungskosten, Kosten für Umzüge, Kinderbetreuung, Therapien oder berufliche Weiterbildungen.“

Wie bereits im Spendenaufruf angekündigt, wird auch der Sheroes Fund in Verwaltung der Amadeu Antonio Stiftung einen Teil der Spendensumme in Höhe von 50.000 Euro verwenden, um zukünftig auch weiterhin Frauen, trans*, inter* und non-binären Personen zu unterstützen, die aufgrund ihres Einsatzes gegen Gewalt, Diskriminierung und menschenverachtende Einstellungen angefeindet und bedroht werden.

„Nicht nur direkt Betroffene sind Anfeindungen ausgesetzt, auch diejenigen, die sich für sie einsetzen, geraten unter Druck. Im Sinne der Spendenkampagne unterstützt der Sheroes Fund Menschen, die aufgrund ihres Engagements systematisch eingeschüchtert werden und aus der Öffentlichkeit verdrängt werden sollen“, erklärt Judith Rahner, Expertin für Antifeminismus bei der Amadeu Antonio Stiftung.

34.000 Euro decken die entstandenen Kosten für die intensive Beratungsarbeit für Betroffene sowie für juristische Konsultation zur Umsetzung der Kampagne.

Die Initiator*innen Jasmina Kuhnke, Nora Tschirner, Carolin Kebekus, Rezo, Roger Reckless, Micha Fritz, Jany Tempel, MeTooGermany und Jannik Rienhoff haben aus den Spenden kein Geld erhalten. Ihre Unterstützung war rein ehrenamtlich. Die von Rassismus durchsetzten Falschbehauptungen diesbezüglich, die ausschließlich gegen Jasmina Kuhnke verbreitet wurden, weisen wir entschieden zurück.

Die Amadeu Antonio Stiftung wird die Spendengelder nach Ablauf einer vierwöchigen Kulanz, die betterplace.org allen Spender*innen nach der heutigen Veröffentlichung der aktuellen Entwicklungen zur Rückerstattung einräumt, erhalten und diese im Einklang mit den Richtlinien der Plattform weitergeben. Damit wird der Spendenzweck der Kampagne gewährleistet und die Gelder kommen Betroffenen bestmöglich zugute.


Alle genannten Zahlen beruhen auf der Annahme, dass die Spender*innen nicht widerrufen. Die genauen Summen können erst nach Ablauf der vierwöchigen Kulanz genannt werden.

Prozentuale Verteilung der Spendengelder „Wie Viel Macht 1€“ nach aktuellem Stand
 

Fonds Tilda
(inklusive 100.000 € für mögliche weitere Rammstein Betroffene)

 

 

78,6 %

 

 

633.029,47 €

 

Bereits zugesicherte Unterstützung für Rammstein-Betroffene

 

11,0 %

 

88.241,95 €

 

 

 

Sheroes Fund

 

6,2%

 

50.000 €

 

Kosten zur Umsetzung der Kampagne

 

4,2%

 

 

34.000 €

 

 

Spenden insgesamt

 

100 %

 

805.271,42 €

 

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Interview Tilda

Geschlechtsspezifische Gewalt hat viele Formen – und endlich einen Fonds!

Die Initiator*innen der Spendenkampagne „Wie viel Macht 1 Euro“ und die Amadeu Antonio Stiftung geben knapp 80 % der Spendengelder* an den neu eingerichteten Fonds Tilda zur Unterstützung von Betroffenen geschlechtsspezifischer Gewalt, den die Initiative #STATTBLUMENträgt. Die Amadeu Antonio Stiftung sprach mit Sally Lisa Starken, Mit-Gründerin von #STATTBLUMEN und Katharina Göpner, eine der Geschäftsführerinnen des Bundesverbands Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe.

FAQ Tilda

FAQ zur Kampagne „Wie Viel Macht 1€“ und Fonds Tilda

Die Initiator*innen der Spendenkampagne „Wie viel Macht 1 Euro“ und die Amadeu Antonio Stiftung geben knapp 80 % der Spendengelder an den neu eingerichteten Fonds Tilda zur Unterstützung von Betroffenen geschlechtsspezifischer Gewalt. Wir beantworten Fragen rund um die Spendenaktion und die Verwendung der Gelder.

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