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„Politik umfasst mehr als das aktuelle Tagesgeschehen im Bundestag“

"Gute Zeiten, schlechte Zeiten"-Star Björn Harras


Anlässlich der Zertifikatsübergabe an die jugendlichen „Vielfaltcoaches“ sprachen wir mit GZSZ-Star Björn Harras über sein politisches Engagement, was dieses mit seiner Popularität zu tun hat und wie man junge Leute für Politik interessieren kann.

Was löst es bei Dir aus, wenn sich junge Menschen engagieren und sich politischen Themen gegenüber interessiert zeigen?

Prinzipiell finde ich das natürlich immer sehr gut, wenn sich junge Menschen engagieren. Schöner ist es natürlich, wenn es kein Engagement in der rechten Szene ist. Jugendliche sollten den Mund aufmachen, wenn sie etwas zu sagen haben. Je eher man sich damit beschäftigt, wie die Welt in der man leben möchte aussieht, um so besser. Dann hat man die Möglichkeit die Welt so zu machen wie man sie haben möchte.

Die Stiftung beschäftigt sich nicht nur mit Rassismus sondern allgemein mit „Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit“, also auch Themen wie Homophobie, Sexismus oder Antisemitismus. Sind solche Probleme auch für Dich ein Thema?

Ja natürlich, sonst würde ich mich ja auch nicht für die Amadeu Antonio Stiftung einsetzen, wo es um Rassismus und Gewalt generell und Themen wie Homophobie und Antisemitismus geht. Natürlich bin ich sensibilisiert. Ich glaube, dass der Teil der Bevölkerung, der für so etwas sensibilisiert ist, immer größer wird.

Musstest Du Dich auch schon einmal mit Antisemitismus auseinandersetzen?

Ja, durchaus! Neulich bei einer Diskussion auf meiner Facebook-Seite. Es gab eine Diskussion über ein bestimmtes Thema und dann kommentierte ein User, der bei mir auf der Seite als Fan registriert ist mit „Jedem das seine!“. Daraufhin habe ich dann gesagt, dass man damit sehr vorsichtig sein muss, weil dieser Spruch am Eingang vom Konzentrationslager Buchenwald steht. Der User hat sich entschuldigt. Er wusste es schlicht nicht. Ich habe dann geschrieben, dass man dennoch sensibilisiert sein sollte. Es war ein demokratisches Gespräch aber aus diesem Meinungsaustausch haben hoffentlich alle etwas mitgenommen.

Du hast Dein politisches Engagement auch schon in jungen Jahren gestartet – für Jugendliche leider oft keine Selbstverständlichkeit. Wie haben damals Deine Freunde reagiert?

Mein Umfeld war dem gegenüber immer positiv gesonnen. Da ich auch vorher schon ein Mensch war, der immer sehr interessiert an Geschichte und Politik war und schon immer meinen Mund aufgemacht habe, hat das nie jemanden verwundert. Ich habe davor lange Radsport betrieben und dann auch einfach ein neues Betätigungsfeld gesucht. Politik war da genau das richtige für mich. Da hatte ich Kontakt zu Leuten, die selber eine Meinung hatten und nicht nur mit der Masse geschwommen sind.

Was meinst Du, wie man auch junge Leute für politische Themen begeistern kann?

Politik umfasst mehr als sich mit der aktuellen Tagesgeschehen im Bundestag auseinanderzusetzen. Politik ist ja schon, wenn man ein Skater ist und sich für einen Skaterpark einsetzt. Leute müssen anfangen, sich dafür einzusetzen und lernen sich in demokratische Prozesse einzubringen. Ein Grundgerüst dafür, dass junge Menschen sich für Politik interessieren, ist, dass man ihnen klar macht, dass es Sinn macht, sich in die öffentliche Diskussion einzumischen. Man muss davon wegkommen zu sagen „ Du kannst ja eh nichts ausrichten“. Man sollte Dinge, die Jugendliche interessieren, ernstnehmen und sie in Prozesse einbinden, um Dinge gemeinsam mit Jugendlichen umzusetzen.

Bekannt ist ja auch Dein Kurzfilm zu Intoleranz. Wäre es für Dich reizvoll, vielleicht später auch mal einen größeres Filmprojekt über das Thema zu produzieren oder schon andere Pläne für zukünftiges Engagement?

Mein Engagement ist nicht gekoppelt an meinen Beruf. Aber es wird gestützt von meiner Popularität und meiner Kreativität, weil beides mir ermöglicht, freier mit dem Thema umzugehen und Sachen einfacher umzusetzen. Die Idee zu dem Film gegen Intoleranz war eine relativ spontane Idee. Und es ist so: wenn ich eine Idee habe zu einem Thema, das mich beschäftigt, dann nehme ich diese Idee, arbeite sie aus und versuche, sie einfach umzusetzen.

Glaubst Du, dass Deine Rolle als Patrick Graf bei „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ Dir hilft, schärfere Kontraste zu wählen?

Patrick ist ja eigentlich eine völlig andere Person als mein privates Ich. Das macht es mir ein bißchen schwerer, den Leuten klarzumachen, was meine politische Aussage als Künstler ist. Aber um so interessanter ist es dann, wenn die Leute das verstanden haben. Dann ist es für die meisten um so beeindruckender, dass ich so eine Person spiele. Die Figur ist so spannend und so viel von dem, wogegen ich eigentlich kämpfe, dass ich mir gesagt habe, dass es interessant ist, auch die andere Seite kennen zu lernen.

Vielen Dank für das Interview und weiterhin viele kreative Ideen für Dein Engagement!

Das Interview führte Maike Seyfarth.
 

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