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Ein Jahr russischer Angriffskrieg: Kremlnahe Propaganda und Desinformation verfängt in Deutschland

Bei einer pro-russischen Demonstration mit Umzug durch die Kölner Innenstadt schwenkten die Teilnehmer russische und deutsche Flaggen, kritisierten die Waffenlieferungen an die Ukraine aber auch Corona-Maßnahmen, Impfpflicht, NATO und Preissteigerungen von Gas und anderen Rohstoffen. Köln, 04.09.2022
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Berlin, 16.02.2023. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hat kremlnahe Desinformation auch in Deutschland massiv zugenommen. Russische Propaganda verfängt in Deutschland verstärkt in rechtsextremen und verschwörungsideologischen Milieus und wird durch sie unterstützt.

Russlands Krieg gegen die Ukraine steht im Mittelpunkt der kremlnahen Desinformationserzählungen, die spätestens seit dem 24. Februar 2022 auch in Deutschland verstärkt im Umlauf sind. Falschmeldungen sollen Argumente gegen eine russische Kriegsschuld untermauern, die Propaganda des Kreml sucht nach Rechtfertigungen für die völkerrechtswidrige Invasion. Im europäischen Kontext gesellt sich hierzu die Agitation gegen Waffenlieferungen und Sanktionspolitik.

“Seit einem Jahr erleben wir nicht nur einen brutalen Angriffskrieg auf die Ukraine, sondern auch einen vielschichtigen Desinformationskrieg. Dieser richtet sich gegen die Idee einer offenen, pluralen Gesellschaft, den ‘Westen’ und die Menschenrechte und ist damit nichts weniger als ein Feldzug gegen die Demokratie”, erklärt Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung.

Desinformation überschreitet Ländergrenzen

Propaganda und Desinformation zirkulieren hierzulande auf Russisch und auf Deutsch. Ihre Verbreitungswege überschreiten Sprach- und Ländergrenzen.

“Russischsprachige Kriegsbefürworter konsumieren auch in Deutschland Inhalte von TV-Sendern und Telegram-Kanälen aus Russland. Andererseits übersetzt eine ganze Riege an Social-Media-Accounts russischsprachige Inhalte ins Deutsche. Zu beobachten sind auch Kooperationen zwischen deutschen und russischen Akteuren”, erklärt Andrej Steinberg, Experte für russische Propaganda und Desinformation bei der Amadeu Antonio Stiftung.

Das Verbot des Propagandasenders RT DE schränkte die Verbreitung von Falschmeldungen nur unwesentlich ein, weil sich Desinformation dann andere Wege suchte.

Antiamerikanismus dient als ideologische Brücke

Russische Propaganda verfängt in Deutschland verstärkt in rechtsextremen und verschwörungsideologischen Milieus. Eine Strategie die aufgeht: Ende Januar gründete Jürgen Elsässer, Chef des rechtsextremen Compact-Magazins, gemeinsam mit mehreren AfD-Politikern den prorussischen Verein “Ostwind”. Auf diese Weise soll eine engere Bindung der rechtsextremen Szene an Russland erreicht werden, das einem großen Teil deutscher Rechtsextremer als traditionsbewusster und natürlicher Verbündeter im Kampf gegen den gemeinsamen Hauptfeind USA gilt.

“Antiamerikanismus ist die wichtigste Brücke zu den Befürwortern Putins in Deutschland. Einerseits teilt vor allem die extreme Rechte die Ablehnung der USA und des westlichen Projekts der liberalen Demokratie. Doch auch linke Politikerinnen wie Sevim Dağdelen und Sahra Wagenknecht betonen, dass die USA signifikante Schuld an der Eskalation des Konflikts in der Ukraine trage, Russland provoziere, einem Frieden im Weg stünde und sich an den Sanktionen gegen Russland bereichere“, erklärt Andrej Steinberg.

Analyse demokratiefeindlicher Narrative

Welche demokratiefeindlichen Narrative der Kreml verbreitet und welche Rolle deutsche Rechtsextreme dabei spielen, analysiert die Amadeu Antonio Stiftung in ihrer neu erschienenen Publikation “Eine Waffe im Informationskrieg. Demokratiefeindliche Narrative im Russland-Ukraine-Krieg”. Sie analysiert Narrative sowohl aus dem russischsprachigen als auch aus dem deutschsprachigen Kontext und untersucht deren Verbreitung.

“Russische Propaganda und Desinformation müssen als zentrale Facette des Krieges in den Blick genommen werden. Denn die Aufklärung über diesen Informationskrieg und seine Akteure ist zentral für die Verteidigung der Demokratie”, betont Timo Reinfrank.

 


Diese Publikation der Amadeu Antonio Stiftung im Kompetenznetzwerk Rechtsextremismusprävention wurde durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ sowie durch die Freudenberg Stiftung gefördert.

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