Politische Debatten finden immer mehr im digitalen Raum statt – vor allem unter Jugendlichen. Hier kursieren aber auch Verschwörungsideologien, Hasskommentare und Falschinformationen. Für Lehrer_innen stellen sie jedoch häufig Neuland dar. Wie lässt sich eine demokratische Debattenkultur im Netz gestalten? Wie können Jugendliche dafür sensibilisiert werden? Eine neue Broschüre arbeitet das Thema auf und stellt Materialien für den Unterricht bereit.
Von Ruben Bögeholz
Wie kann ein demokratischer Diskurs im Netz gestaltet werden? Wie können Jugendliche sich in digitale Debatten einbringen? Wie kann verhindert werden, dass antidemokratische Haltungen die Auseinandersetzung in den Sozialen Medien bestimmen und sich Falschinformationen und Verschwörungsideologien unreflektiert weiterverbreiten?
Diese Fragen arbeitet die Neuerscheinung „Meinung im Netz gestalten“ für den Unterrricht auf, die vor kurzem von mehreren Institutionen erstellt und herausgegeben wurde. Die Amadeu Antonio Stiftung hat das Material mit fachlichem Input unterstützt. Eingebettet ist die Publikation in die Reihe „Medien in die Schule“, die Materialien zu den zentralen Medienarten und Medienformaten bereitstellt. Die jüngst erschienene Broschüre ist thematisch in vier Module aufgeteilt.
Das erste Modul thematisiert, wie Jugendliche sich selbst in Sozialen Netzwerken präsentieren: Hier kommunizieren sie mit ihren Freund*innen, finden Orientierungspunkte und Informationsquellen und probieren verschiedene Identitätskonzepte aus. Das Material soll Schüler*innen helfen, ihre Selbstdarstellung und ihr Verhalten im Netz zu reflektieren. So sollen eigene politische und gesellschaftliche Einflussmöglichkeiten bewusst gemacht werden.
Modul 2 widmet sich der Meinungsbildung im digitalen Raum. Soziale Medien haben den Meinungsbildungsprozess verändert: Die Grenze zwischen professionellen und nicht-professionellen Veröffentlichungen verschwimmt zusehends. Wer macht Meinungen im Netz und wie lassen sich professionelle Beiträge von privaten Wortmeldungen unterscheiden? Dazu sollen den Jugendlichen Orientierungspunkte an die Hand gegeben werden.
Das dritte Modul befasst sich mit „Chemtrails“, Fake News und Verschwörungsideologien – einem Thema, dem sich auch die Amadeu Antonio Stiftung in ihrer Arbeit annimmt. Verschwörungsideologien liefern einfache Erklärungen für komplexe Zusammenhänge. Indem davon geredet wird, dass angeblich Banken, „Zionisten“ oder „dunkle Mächte“ aus den Hinterzimmern heraus „die Medien“ kontrollieren, Regierungen steuern oder die Bevölkerung unterdrücken, werden konkrete Feindbilder geschaffen. Die häufig moralisierende Form von Verschwörungsideologien, die das Elend in der Welt anklagen, ist auch für Jugendliche attraktiv, die sich über ungerechte politische Verhältnisse, Kriege oder Hungersnöte empören. Und durch die Sozialen Netzwerke können sich solche Vorstellungen schnell verbreiten. Die Materialien erläutern, was Verschwörungsideologien sind, wie sie entstehen und was an ihnen so problematisch ist. Die Schüler*innen decken selbst die Widersprüchlichkeiten von verschwörungsideologischen Denkmustern auf und lernen durch die Überprüfung von Fakten, wodurch sich irrationale Weltbilder von rationalen Erklärungen unterscheiden lassen.
Im letzten Modul werden die Schüler*innen dazu angeleitet, eigene Lösungsvorschläge für aktuelle Problemstellungen zu entwickeln. Sie denken über utopische Gegenentwürfe nach und thematisieren, wie sie selbst sich in digitale Debatten einbringen können. So lernen sie, sich selbst als gesellschaftliche Akteure wahrzunehmen, die Einfluss auf Entwicklungen nehmen können.
Links
Materialsammlung „Meinung im Netz gestalten“
Handreichung „No World Order – Wie antisemitische Verschwörungsideologien die Welt verklären“ der Amadeu Antonio Stiftung