Mehr als sechs Millionen Likes und knapp 400.000 Follower*innen: Die AfD ist die erfolgreichste Partei auf TikTok. Auf der Plattform gibt die rechtsextreme Partei den Ton an und das ist sehr gefährlich, nicht nur in Hinblick auf das Superwahljahr 2024. Doch was macht die AfD so erfolgreich? Welche Strategien nutzt die Partei? Und was kann man dagegen tun?
Die AfD war mit Blick auf TikTok Early Adopter: Bereits sehr früh erkannte die Partei das Potenzial über die Plattform ohne Berührungsängste Menschen direkt zu erreichen, während viele andere demokratische Parteien nach wie vor kaum bis gar nicht auf der Plattform vertreten sind. Man überließ der AfD dahingehend das Feld – oder vielmehr die Plattform und den Algorithmus. Durch diesen Vorsprung konnte sich die Partei bereits früh ausprobieren und eine Strategie entwickeln. Insbesondere während der Corona-Pandemie setzte man vor allem auf unbranded Accounts, also Accounts, die nicht auf die Partei zurückzuführen sind, aber dennoch als ihr Sprachrohr funktionieren. Hinzu kommt die schiere Masse an Content und Accounts – denn viel hilft viel, gibt Reichweite und erhöht die Wahrscheinlichkeit, viral zu gehen.
Die AfD-Gesamtstrategie – Ragebait, Bürgernähe und Panikmache
Ulrich Siegmund, Teil des vom Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextrem” eingestuften Landesverbands Sachsen-Anhalt macht es vor und ist mit über 370.000 Follower*innen der erfolgreichste deutsche Politiker auf TikTok. Dabei setzt er ganz klar auf vermeintliche „Volksnähe“, zudem wird der Hass auf „die da oben“ geschürt. Über Angst und Hass, sogenanntes Ragebait, erreicht er die Massen. Er selbst ist natürlich immer auf der richtigen Seite, der der Bürger. Weiterer wichtiger Bestandteil der AfD Strategie auf TikTok ist die Inszenierung als „lustige aber harmlose Rechtsextreme”, als vermeintlich unpolitisches Meme, das immer wieder auf AfD-Reden und Videos zurückgreift. Andersherum verwenden AfD-Politiker*innen wie Alice Weidel bewusst TikTok Catchphrases in ihren Reden. Dadurch entsteht ein gefährlicher Kreislauf und die scheinbar harmlose Normalisierung politischer Inhalte der AfD. Mit dem Schnitzeltrend ging Alice Weidel viral.
Eine andere Sparte bedient Maximillian Krah, er spricht potenzielle Wähler direkt an. Dabei setzt er vor allem auf Cringe/Hate Bait, also bewusst unangenehme und voller Hass strotzender Inhalte, die wiederum vom Algorithmus belohnt werden. Die Message immer dieselbe: „Die Medien lügen“ und ihm drohe „Zensur“. Im einen Video lobt er Erdoğan als großen Staatsmann, im nächsten fordert er die deutschen Männer zur Rückkehr zu alten Tugenden auf, stilecht mit Whiskeyglas und Zigarre → Cringe!
Wie die AfD Trends setzt
Mit eigenen Vorlagen für die Videoschnitt-App Cap Cut, eigenen AR-Filtern und synthetischen Bildern versuchen AfD-nahe Accounts die eigene Blase zu verlassen und viral zu gehen und das mit beträchtlichem Erfolg! Man versucht selbst zum Meme zu werden. Denn Memes sind lustig und lustig ist harmlos. Doch gerade durch diese bewusste Selbstverharmlosung werden die Inhalte AfD-naher Accounts immer weiter normalisiert, gerade weil sie so harmlos wirken: „Die lustigen Rechtsextremen“ kapern eine junge Generation.
Und die Community? Gegenwind auf TikTok?
Die Correctiv-Recherche und auch die Demonstrationen gegen rechtsextreme Massendeportationsfantasien sind ein Riesenthema auf TikTok. Sehr viele Creator*innen positionieren sich mit Content für demokratische Werte und gegen Rechtsextremismus. Jetzt müssen nur noch die demokratischen Parteien den Ernst der Lage verstehen und auch auf TikTok aktiv werden. AR-Filter und Sounds von rechtsextremen Akteur*innen nicht benutzen. Keine Videos von AfD-Politiker*innen Stichen. Sie erhalten dadurch Reichweite, auch wenn das Video kritisch gemeint ist. Ich kann andere Begriffe und Hashtags verwenden. Auch auf TikTok gilt es, nicht über jedes provokative Stöckchen zu springen, sondern eigene Themen und Positionen zu setzen, statt nur in die Abwehr zu gehen.