Weiter zum Inhalt

Neuerscheinung

Zivilgesellschaftliches Lagebild Antisemitismus #10: Deutschland bereitet Antisemitismus eine Bühne

Die Antisemitismusdebatten im zweiten und dritten Quartal 2022 waren von der internationalen Kunstausstellung documenta fifteen geprägt, die 100 Tage lang in Kassel stattfand. Das bedeutet nicht, dass die Verschwörungserzählungen im Kontext der Covid-19-Pandemie und des russischen Krieges gegen die Ukraine verschwunden sind. Allerdings wird in der Debatte um die documenta fifteen deutlich, wie die deutsche Gesellschaft mit Antisemitismus und insbesondere mit israelbezogenem Antisemitismus umgeht. Bereits Anfang 2022 wurde darauf hingewiesen, dass es zu antisemitischen Vorfällen im Kontext der Kunstschau kommen kann. Der Hinweis wurde abgewehrt und ignoriert. Doch mit der Eröffnung der Ausstellung hat sich die Warnung in jeder Hinsicht bestätigt: Die documenta fifteen zeigte eine Vielzahl antisemitischer Darstellungen, was weitgehend konsequenzlos blieb. Das Fazit des Lagebildes: Die deutsche Gesellschaft hat keinen guten Umgang mit Antisemitismus.

Die Darstellungen und der Umgang mit den Darstellungen bilden einen Schwerpunkt unseres Lagebildes. Neben der documenta fifteen konnte anhand mehrerer Ereignisse, z.B. in der Debatte um das BGH-Urteils zur Wittenberger „Judensau“, beobachtet werden, wie jüdische Perspektiven und Stimmen zwar gehört, aber letzten Endes nicht berücksichtigt werden. Ein Interview mit dem israelischen Soziologen Natan Sznaider und eine Auswahl antisemitischer Vorfälle, die sich im zweiten und dritten Quartal in Deutschland ereignet haben, führen vor Augen, wie konkret und real die Bedrohungslage für Jüdinnen*Juden in der Bundesrepublik ist.

Bereits Anfang 2022 wurde davor gewarnt, dass es auf der documenta zu antisemitischen Vorfällen kommen könne. Es wurde darauf hingewiesen, dass sich Antisemitismus häufig hinter vermeintlicher “Israelkritik” versteckt. Mit der Eröffnung der Ausstellung hat sich die Warnung in jeder Hinsicht bestätigt: Auf der Kunstschau wurde eine Vielzahl antisemitischer Darstellungen gezeigt.

Aus dem Lagebild Antisemitismus ergeben sich fünf Kernbeobachtungen:

  1. Antisemitismus verklärt die Welt: Antisemitische Verschwörungserzählungen prägen die Debatte um die Energieversorgungskrise stark. Mit antisemitischen Erklärungsversuchen werden komplexe Sachverhalte verkürzt und wird auf alte Feindbilder zurückgegriffen.
  2. In aktuellen Antisemitismusdebatten wird oftmals so getan, als ob Israelhass und Judenhass nichts miteinander gemein hätten. Damit werden Antisemitismus-Vorwürfe pauschal abgewehrt.
  3. Jüdinnen und Juden werden mit ihren Einschätzungen nicht ernst genommen. Betroffenenperspektiven werden ignoriert.
  4. Die aktuellen Antisemitismusdebatten erschweren die Bekämpfung von Antisemitismus. Israelbezogener Antisemitismus wird kleingeredet mit der Behauptung, man habe in Deutschland einen voreingenommenen Blick auf Israel.
  5. Antisemitismus bekommt wieder eine Bühne: Antisemitische und israelfeindliche Akteure üben einen steten, teils wachsenden Einfluss aus.

Auf diese Entwicklungen reagieren die Amadeu Antonio Stiftung und das Anne Frank Zentrum gemeinsam mit den Bildungs- und Aktionswochen —dem bundesweit größten Bündnis gegen Antisemitismus— die jetzt starten. Gemeinsam mit dutzenden Kooperationspartnern finden bundesweit mehr als 100 Veranstaltungen statt. Flankiert von einer bewusst mutigen Kampagne wird so jedes Jahr der Finger in die Wunde gelegt, in diesem Jahr unter dem Motto ‘Israelhass und Judenhass lassen sich nicht trennen – Gemeinsam Antisemitismus stoppen!’.

Das Zivilgesellschaftliche Lagebild Antisemitismus #10 ist hier zum Download verfügbar: https://amadeu-antonio-stiftung.de/publikationen/zivilgesellschaftliches-lagebild-antisemitismus-10/

Das Zivilgesellschaftliche Lagebild Antisemitismus #10 erscheint auch digital. Unsere Lagebilder erscheinen, abhängig von der aktuellen Lage, mehrfach im Jahr. Digital und dynamisch. Nähere Informationen gibt’s auf unserer Website: https://amadeu-antonio-stiftung.de/antisemitismus/lagebild-antisemitismus-digital/

Das Lagebild wird im Rahmen der Bildungs- und Aktionswochen gegen Antisemitismus veröffentlicht, die durch und den Beauftragten der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus gefördert werden.

Weiterlesen

Druck auf Zivilgesellschaft
Gefördertes Projekt

Druck auf die Zivilgesellschaft: Aufgeben ist keine Option

Dass die Zivilgesellschaft „unter Druck“ steht, ist seit einiger Zeit überall zu hören. Was aber bedeutet es, sich in diesen Zeiten gegen Rechtsextremismus und Rassismus zu engagieren? Einige der Projekte, die wir 2025 gefördert haben, haben wir gefragt, wie sie auf das Jahr 2025 zurückblicken und was sie sich für 2026 wünschen.

Rückblick_Antisemitismus

Antisemitismus 2025: Die Geiseln sind frei, der Hass bleibt

Die antisemitischen Vorfälle haben 2025 ein neues Hoch erreicht. Und das, obwohl mit dem Waffenstillstand im Nahen Osten die antisemitischen Massenmobilisierungen ihren Zenit überschritten haben. Jüdisches Leben ist ständig bedroht, wie zuletzt der Terroranschlag auf eine Chanukka-Feier in Sydney verdeutlicht. Und niemand sollte die rechtsextreme Raumnahme unterschätzen, die in Deutschland schon immer mit einer Zunahme an Antisemitismus einherging.

Projektförderung Bilanz 2025 Beitragsbild
Hier wirkt deine Spende

Menschenwürde verteidigen: Hier macht deine Spende einen echten Unterschied!

Die demokratische Zivilgesellschaft steht bundesweit unter Druck, Angriffe und Diffamierungen haben sich in 2025 weiter zugespitzt. Engagierte Menschen bleiben trotzdem stabil und kämpfen gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus – für die Werte des Grundgesetzes und eine lebendige Demokratie. Die Amadeu Antonio Stiftung fördert und unterstützt sie dank zahlreicher Spender*innen.

Bleib informiert!

Melde dich jetzt zum Newsletter an und verpasse keine unserer nächsten Publikationen!

Schön, dass du dich für unsere Publikation interessierst! In unserem monatlichen Newsletter erhältst du spannende Einblicke in den Alltag demokratischer Zivilgesellschaft und in unsere Arbeit.

    Mit dem Absenden des Formulars erkläre ich mich mit der Verarbeitung meiner Daten gemäß der Datenschutzerklärung einverstanden und erhalte den Newsletter. Ich kann meine Einwilligung jederzeit über den Abmeldelink im Newsletter widerrufen.

    Publikation bestellen Direkt zum PDF