Liebe Leserinnen und Leser,
unser Newsletter zu den Feiertagen erreicht Sie hoffentlich bei guter physischer und psychischer Gesundheit an. Die Pandemie macht vielen Menschen sehr zu schaffen. Leider wird sie im Moment wieder benutzt, um aus Unsicherheit und Konflikten, die Menschen haben, Unvernunft und Gewalt zu schüren. Es geht längst nicht mehr nur um Verschwörungsglauben, sondern um Hass auf die Demokratie und jede oder jeden, der sie verteidigt. Die Querdenkerbewegung ist von Rechtsextremen gekapert worden und sie wollen weit mehr als nur das Ende der Corona-Maßnahmen. Sie wollen den Umsturz. Ihnen sind dabei Menschenleben gleichgültig.
Erinnern wir uns: Mit dem Anfang der Pandemie begannen die ersten Verschwörungsideologen ihre giftigen Erzählungen über den Ursprung des Virus und seine Funktion zu verbreiten. QAnon fand viele Anhänger, die gewaltstrotzende, grausame Geschichten von gequälten Kindern in die Welt setzten. Daraus ging eine Bewegung hervor, die Rassismus und Antisemitismus verbreitete. Der Angriff auf das Kapitol in Washington im Januar hat gezeigt, wie explosiv die Mischung aus Verschwörungsideologien und rechter Agenda sein kann.
Diese Stimmung ist für alle angespannt und anstrengend. Für jene, die sich sorgen, die selbst krank geworden sind oder die sich nur einschränken müssen, weil die Pandemie einfach nicht aufhören will, solange Unvernunft und Propaganda von Querdenkern den Fortschritt durch Impfung verhindern. Ja, dieses Jahr hatte es in sich. Und ich glaube, wir alle sind müde davon und würden gern in die Normalität zurückkehren. Doch diese Normalität wird es nicht mehr geben, selbst wenn Corona irgendwann besiegt ist. Denn in der Krise hat sich gezeigt, wie weit verbreitet aggressive Irrationalität, gepaart mit Antisemitismus, vorangetrieben von Rechtsextremen, ist. Das ist erschreckend und stellt uns vor enorme Herausforderungen.
Doch uns beschäftigen nicht nur die Folgen der Pandemie. Wir gedenken gerade der Opfer rechter Gewalt. Amadeu Antonio starb am Nikolaustag 1990, heute vor 31 Jahren, nachdem ihn Nazis schwer verletzt hatten. Sein Tod beschreibt den Beginn einer Ära der Gewalt nach der deutschen Vereinigung, der noch mehr als 200 Tote folgen sollten. Menschen, die betroffen sind, überlebt haben oder Angehörige sind, zeigen sich noch immer frustriert und enttäuscht darüber, wie der Staat auf diese Morde reagiert hat. Abwehr, Rassismus, Schlamperei und absichtliches Wegschauen durch Behörden gehören zu ihren Erfahrungen. Das erzählten sie auf einer Tagung im November, die von der Stiftung organisiert worden war. Sie wollen wahrgenommen, aber nicht als Symbole für symbolisches Handeln missbraucht werden. Sie wollen Gerechtigkeit und nicht als Bürger:innen zweiter oder dritter Klasse behandelt werden. Rassismus ist ein riesiges Problem in Deutschland und je mehr dies verstanden wird, desto besser kann man versuchen, dagegen vorzugehen. Diese Tagung war sehr bewegend – Hanau, Halle, Mölln, Solingen und die zahllosen Tatorte des NSU. Es sind zu viele der Orte, an denen Verbrechen geschahen, Morde, Angriffe und Bedrohungen. Die Stiftung fördert überall Initiativen, die der Opfer gedenken, Betroffene sprechen lassen und so mit dafür sorgen, dass solche Dinge nicht wieder geschehen.
Das gilt auch für Antisemitismus, der eine ganz eigene Dynamik entwickelt hat. Er steckt in den Verschwörungskreisen ebenso wie im unbändigen Hass auf Israel, er kommt aus allen Milieus und politischen Richtungen, denn er ist eine Kulturtechnik, die anstelle von Verantwortung und Konfliktlösung lieber einen Schuldigen sucht und ihn in den Juden zu finden meint. Es wird Zeit, auch hier gegenzusteuern, denn je komplexer die Welt wird, desto größer ist die Gefahr immer wieder in das gleiche Muster zu verfallen.
Die Stiftung bemüht sich, auf viele dieser Entwicklungen vorbereitet zu sein, denn sie hat bereits Jahre zuvor angefangen, dazu zu arbeiten. Das war, wie bei früheren Themen auch, nur möglich, weil wir dafür die Unterstützung durch Spenderinnen und Spender hatten. Mit der Hilfe Ihrer Spenden konnten wir Projekte fördern, Initiativen, die sich vor Ort gegen Hass und Fake-News einsetzen. Unsere Arbeit braucht Ihre Unterstützung, weil Innovation, das Nach- und Vordenken, das Entwickeln neuer Ansätze unabhängig sein muss. Und weil die Förderung von Initiativen vor Ort zu den wichtigsten Aufgaben unserer Stiftung gehört. Gerade in dieser Zeit.
Wir wünschen Ihnen ruhige Feiertage. Auf dass wir dieses Jahr auf die beste nur mögliche Weise abschließen können!
Herzliche Grüße
Ihre Anetta Kahane
P.S.: Wie wäre es dieses Jahr mal mit einem Geschenk, das gut für alle ist? Etwas, das von Herzen kommt: Die Unterstützung einer starken Zivilgesellschaft. Das geht am beste