Weiter zum Inhalt

Wie Klimawandel und Rassismus zusammengehören – Newsletter Juni 2019

Wie Klimawandel und Rassismus zusammengehören - Newsletter Juni 2019 der Amadeu Antonio Stiftung

In eigener Sache

Liebe Leserinnen und Leser,

 

neuerdings reden alle vom Wetter. Klimawandel ist das neue große politische Thema. Da ist nichts, das nicht daran gemessen wird. Was nützten Gesundheits- oder Sozialpolitik, Diskussionen um den Brexit, mögliche Kanzlerkandidatinnen oder die Hochzeit eines Fußballers, wenn über allem der Klimawandel droht? Neulich sagte mir ein sehr prominenter Entertainer, der gerade einen furiosen Vortrag über die drohende Gefahr eines globalen Kollapses gehalten hatte, es gäbe nichts Wichtigeres als das. Denn was nütze alle Anstrengung auf anderem Gebiet, wenn wir alle bald der Katastrophe zum Opfer fallen, wenn nicht sofort gegengesteuert wird. Nun, er hat Recht. Das Klima zu retten und sich selbst und alle anderen dazu zu drängen, dafür das Möglichste zu tun, hat Priorität. Wie wichtig dieses Thema ist, zeigen auch die Wahlergebnisse, bei denen die Grünen überall viele Prozente dazugewonnen haben.

Dennoch bleiben die anderen Probleme bestehen. Und manchmal haben auch sie mit dem Klimawandel zu tun. Und zwar mit dem, der das Wetter meint und mit dem, der die Stimmung im Land meint. Die Veränderung der globalen Temperatur wird dazu führen, dass große Gebiete vor allem im Süden unbewohnbar werden. Die zwei Grad Temperaturanstieg machen den Unterschied zwischen bewohnbar und unbewohnbar. Klimaflüchtlinge gibt es schon heute und es werden mit Sicherheit mehr. Wenn der globale Norden sich nicht darauf einstellt - was dann? Was nützen dann Abschiebegesetze? Wenn Rechtsextreme die Agenda darüber bestimmen, was ihrer Ansicht nach „erträglich“ ist und was nicht, was für eine Art Demokratie verteidigen wir dann? Eine nur für weiße Deutsche?

Besonders im Osten machte die AfD große Zugewinne bei der Europawahl und den Kommunalwahlen. Landstriche, die bereits in den 1990er Jahren durch aggressive rechtsextreme Kameradschaften aufgefallen waren, sind nun dunkelblau geworden. Die Grünen haben auch zugelegt, aber weit weniger als im Westen.

Die Abwehr gegenüber „Fremden“ scheint also im Osten weit größer zu sein, als die Furcht vor dem Klimawandel. Die AfD findet die Diskussion um das Thema übertrieben, um nicht zu sagen, eine gezielt gegen sie und ihre Einwanderungsangstmaschinerie gerichtete Kampagne. Sie leugnet den Klimawandel lieber, als sich auf dieses wichtige Thema einzulassen. Im gleichen Atemzug äußert sie sich rassistisch, wenn es um globale Fluchtbewegungen geht. Die Tatsache, dass es nur ein Zufall, ja ein Privileg und keinesfalls ein Verdienst ist, im globalen und reichen Norden geboren zu sein, deuten diese Leute in rassistischer Weise um. Im besten Fall ist es ihnen egal, was mit den Menschen geschehen wird, die im globalen Süden die Rechnung des Klimawandels zahlen müssen. Im schlechteren Fall werden sie verhöhnt. Und nicht nur geflüchtete Menschen trifft dieser Rassismus, sondern auch Deutsche, Eingewanderte – kurz, alle, die nicht so aussehen oder denken wie sie.

Es ist erstaunlich, wie viele Menschen bereit sind, diesen offenen Widerspruch auszublenden: Klimawandel leugnen, aber gleichzeitig diejenigen als schlimmste Gefahr darstellen, die davor flüchten müssen.

Ich denke schon, dass beide Themen zusammengehören. Und dass wir uns mehr denn je darauf einstellen müssen, die Gleichzeitigkeit von Themen und dem dazugehörigen Engagement zu akzeptieren. Eigentlich war das ja immer so. Deswegen sagte ich dem prominenten Entertainer nach seinem Vortrag, dass wir nicht die Demokratie beiseitestellen sollten, nur um beim Thema Umwelt ordentlich durchgreifen zu können.

Gewiss leben wir in einer wichtigen Zeitenwende, die es nötig macht, an vielen Stellen unsere Lebensweise zu überdenken. Deshalb ist es wichtig, an beiden Themen zu arbeiten: an der Aufklärung zum Wetter und an der Stärkung der Zivilgesellschaft. Denn sie verbessert und entgiftet schließlich das Klima in der Gesellschaft. Ohne dem lässt sich schwer leben.

Herzliche Grüße

Ihre Anetta Kahane

Anetta Kahane. Foto: © Peter van Heesen

Im Fokus

NdK

Zivilgesellschaft unter Druck

Gerade noch waren die Laternenmasten voll mit den Wahlplakaten zur Europawahl und den Kommunalwahlen. Jetzt sind sie verschwunden – und…

Ermutigen. Beraten. Fördern. Ihre Spende hilft!

Die Amadeu Antonio Stiftung trat 1998 mit der Vision an, Demokratie vor Ort zu stärken. Über 1.400 lokalen Initiativen konnten wir seitdem bereits unterstützen, mehr als 270 Betroffenen rechter Gewalt mit dem Opferfonds CURA helfen. Dass dies möglich ist, verdanken wir der Unterstützung unserer Spender*innen. Ist unser Anliegen auch Ihres? Dann können Sie uns dabei helfen!

 

Geförderte Projekte

Belltower_mode

Alte Ideologie in neuem Gewand

Springerstiefel, Glatze, Bomberjacke – dieses uniformierte Erscheinungsbild ist längst nicht mehr das einzige Kriterium, um Neonazis als solche zu erkennen.…

Aktuelle Publikation

Rassismus_ist_kein_Randproblem_Titelbild_600_800

Rassismus ist kein Randproblem

Materialien für pädagogische Fachkräfte zum Thema Rassismus vor und nach 1989 in Ostdeutschland am Beispiel der Ermordung Amadeu Antonios

Ausgabe vergriffen PDF

Impressum

Impressum

Copyright (c) 2019
Redaktionsschluss: 14. Juni 2019

Amadeu Antonio Stiftung
Schirmherr: Wolfgang Thierse

info@amadeu-antonio-stiftung.de
www.amadeu-antonio-stiftung.de
Novalisstraße 12 | 10115 Berlin
Tel.: 030. 240 886 10
Fax: 030. 240 886 22

Spendenkonto der Amadeu Antonio Stiftung: 
GLS Bank | BLZ 43060967 | Konto 6005000000
IBAN: DE32 4306 0967 6005 0000 00 | BIC: GENODEM1GLS

Sollten Sie zur Verwendung von Spenden Fragen haben, können Sie sich jederzeit an uns wenden.

Redaktion: Franziska Schindler, Timo Reinfrank (verantwortlich)
Mitarbeit: Anetta Kahane

Mitmachen stärkt Demokratie

Engagieren Sie sich mit einer Spende oder Zustiftung!

Neben einer Menge Mut und langem Atem brauchen die Aktiven eine verlässliche Finanzierung ihrer Projekte. Mit Ihrer Spende unterstützen Sie die Arbeit der Stiftung für Demokratie und Gleichwertigkeit.