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Was sind Verschwörungsideologien?

Was sind Verschwörungsideologien?

Verschwörungsideologien gibt es schon so lange wie es Krisen und Konflikte gibt, denn sie bieten einfache Erklärungen und eindeutige Schuldige. Früher waren sie oft religiös begrün­det: Ob Ernteausfall oder Epidemien, dahinter wurden böse Mächte vermutet.

 

Eine Verschwörungsideologie ist ein gegen Kritik und Zweifel immunes Weltbild. Es basiert auf der Annahme, dass eine klei­ne, aber sehr mächtige Gruppe von Menschen sich im Gehei­men zusammengeschlossen hätte, um bestimmte Ereignisse in der Welt zu ihren Gunsten zu manipulieren.

Bereits im Mittelalter richteten sich Verschwörungsideologien in Europa häufig gegen Jüdinnen und Juden. Sie warfen ihnen vor, sich gegen die christliche Bevölkerung zu verschwören. Diese antisemitischen Verschwörungsmythen nahmen über die Jahrhunderte zu und fanden ihren tragischen Höhepunkt in der Shoah, dem industriellen Massenmord an Jüdinnen und Juden. Innerhalb der NS-Ideologie spielte die antisemitische Verschwörungsideologie von der „jüdischen Weltverschwö­rung“ eine zentrale Rolle.

 

Neben den zahlreichen Verschwörungsmythen, die offen anti­semitisch sind, nutzen viele Verschwörungsideologien Codes, die indirekt antisemitisch sind. Zumeist werden aber selbst in solchen Erzählungen antisemitische Feindbilder reproduziert, die traditionellen antijüdischen Stereotypen entstammen.

Woran erkennt man verschwörungsideologische Inhalte?

 

Verschwörungserzählungen gibt es wie Sand am Meer und alle sind unterschiedlich, aber den meisten von ihnen liegen die folgenden drei Prinzipien zugrunde:

  1. Nichts geschieht durch Zufall: Soziale Prozesse und poli­tische Ereignisse werden als von den vermeintlichen „Ver­schwörer*innen“ genau geplant und beabsichtigt dargestellt;
  2. Nichts ist, wie es scheint: Hinter allen Ereignissen in der Welt stecken geheime Verschwörungen;
  3. Alles ist miteinander verbunden: Zwischen Ereignissen, die zufällig zeitgleich geschehen, werden kausale Zusammenhän­ge hergestellt, die wiederum als angebliche Bestätigungen der vermeintlichen Verschwörung herangezogen werden.

 

Wo verläuft die Grenze zwischen Verschwörungsideologie und Gesellschaftskritik?

 

Kritik ist eine Grundbedingung moderner Gesellschaften. Missstände wie Armut oder Diskriminierung bedürfen der Kritik, um sie zu verändern. Gesellschaftskritik betrachtet die Gesellschaft als ein komplexes System, das Widersprüche und Missstände hervorbringt. Verantwortlich dafür sind jedoch nicht „eine kleine Gruppe Mächtiger“, wie es Verschwörungsideologien behaupten, son­dern vielmehr systemische Prozesse und Muster, die wiederum von Menschen produziert werden. Gesellschaftskritik führt zu politischen Lösungen für Missstände. Verschwörungsideo­logie will „Schuldige“ ausmachen und diese bestrafen.

Wer glaubt an Verschwörungserzählungen?

Verschwörungsideologien sind kein Randphänomen: Sozialwissenschaftliche Untersuchungen lassen vermuten, dass zwischen 30 und 60 % der Menschen in Deutschland eine gewisse Verschwörungsmentalität besitzen. Gemeint sind hiermit sowohl Einstellungen und Glaubenssätze, die es wahr­scheinlich machen, dass Menschen an Verschwörungserzäh­lungen glauben, als auch die konkrete Zustimmung zu einer Verschwörungserzählung. In der Autoritarismus-­Studie 2020 von Oliver Decker und Elmar Brähler stimmten 38,1 % der Befragten der Aussage zu, es gebe geheime Organisationen, die großen Einfluss auf politische Entscheidungen hätten.

 

Anhänger*innen von Verschwörungsideologien per se als "un­zurechnungsfähig" oder gar "verrückt" zu erklären, unterschätzt das Problem und die gesellschaftliche Verbreitung von verschwörungsideologi­schem Denken. Die Tendenz, an Verschwörungserzählungen zu glauben, ist in vielen Menschen vorhanden und entsteht beispielsweise aus dem Wunsch, einfache Antworten auf kom­plexe Fragen zu finden. Die Anhänger*innen nicht pauschal abzutun ist wichtig, um kein vereinfachtes, dualistisches Weltbild zu re­produzieren. So gehen die Feindbilder in Verschwörungsideo­logien auf gesellschaftlich etablierte Ressentiments zurück. Es gilt, das Mobilisierungs-­, sowie auch das Gewaltpotential ernst zu nehmen, das von Verschwörungsideologien ausgeht.

So können Sie auf Verschwörungsideologien reagieren

Es ist selten möglich, etwas mit Fakten zu widerlegen, was gar nicht existiert – wie „die große Weltverschwörung“. Besser ist es, nach Erklärungen zu suchen, anstatt nach Schuldigen – und mit einer klaren Haltung zu argumentieren.

Grundsätzlich gilt: Ist eine Person noch offen für alternative Erklärungsan­sätze, kann sich ein Gespräch lohnen - besondern wenn eine persönliche Beziehung betseht. Bereiten Sie sich auf ein solches Gespräch vor, indem Sie entweder für sich oder ge­meinsam mit der Person Faktenchecks verwenden. Stellen Sie fest, dass die Person keine Offenheit zulässt, sprechen Sie dann möglichst wenig über die Ver­schwörungserzählung an sich, dafür mehr über Gefühle und Bedürfnisse der Person. Stellen Sie sich auf schwierige Gespräche ein und haben Sie Geduld. Achten Sie auf ihre eigenen Grenzen und nutzen Sie unterstützende Angebote wie eine Umfeld­-Beratung von Aus­stiegsprogrammen.

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