Viele wähnen sich in einer „Scheindemokratie“
Die parlamentarische Demokratie durch ständige Nadelstiche, auch mit Hilfe von Kleinen Anfragen stückchenweise zu diskreditieren, ist leider erfolgreich. Laut einer Erhebung des Allensbach-Instituts aus dem April 2022 wähnen sich 31 Prozent der Deutschen in einer „Scheindemokratie“, in der die Bürger*innen nichts zu sagen hätten. Der Ost-West-Unterschied ist hierbei beachtlich: In Westdeutschland teilen demnach 28 Prozent diese Ansicht, in den ostdeutschen Bundesländern werde diese Meinung von 45 Prozent der Befragten vertreten. Zudem gaben 28 Prozent aller Deutschen an, dass das demokratische System in Deutschland „grundlegend geändert“ gehöre. Solche Umfragen müssen alle Demokrat*innen als Auftrag verstehen, die Demokratie besser und Bürger*innennäher zu machen. Leider werden es auch die Feinde der Demokratie als Etappenziel verstehen.
Organisierte demokratische Zivilgesellschaft als Gegenpol
Trotz des Einzuges der extrem rechten Partei in (fast) alle Landesparlamente und in den Bundestag steht die AfD im Vergleich zu europäischen Nachbarländern noch relativ schwach da – und das in Zeiten einer langen Phase der Pandemie mit starken Grundrechtseinschnitten, Kriegen in Europa und der Welt, mit starken Geflüchtetenbewegungen auch nach Deutschland, hohen Energiepreisen und Inflation.
Das liegt auch sehr stark an der wunderbaren demokratischen Zivilgesellschaft, die sich in kleinen Orten wie großen Städten, in den Sozialen Netzwerken, Verwaltungen, Schulen, Verbänden und vielen Orten des öffentlichen Lebens für Vielfalt, Demokratie und eine weltoffene Gesellschaft einsetzen.
Doch an vielen Orten, insbesondere in kleineren Kommunen, ist die demokratische Zivilgesellschaft seit Jahren übermäßig belastet durch die ständigen Angriffe. Der Rückzug von demokratischer Zivilgesellschaft und Kommunalpolitiker*innen ist die Folge. Das ist mehr als ein Alarmzeichen: Denn die Demokratie wird in erster Linie nicht durch einen gewaltsamen Putsch bedroht, sondern den sukzessiven Rückzug der Demokrat*innen und der Erosion demokratischer Kultur.