Das Leben des Amadeu Antonio
Der Angolaner Amadeu Antonio kam als Vertragsarbeiter nach Europa, wo für ihn ein neues Kapitel beginnen sollte. Ein Leben voller Wünsche und Träume, die unerfüllt blieben.
Der 24. November 1990 ist ein kalter und wolkenverhangener Tag kurz nach der Wende, doch vielerorts herrscht überschwängliche Euphorie. Es gibt Grund zu feiern: Die Wende sollte für viele im geeinten Land einen Aufbruch und einen Neuanfang bedeuten. Aber nicht alle konnten mitfeiern. Amadeu Antonio sollte das neue Deutschland nicht mehr mit- und seinen Traum nicht mehr erleben. In Erinnerung an eines der ersten Todesopfer rechter Gewalt entstanden in seinem Namen die Stiftung und viele weitere Initiativen. Das Ziel: Der Einsatz für ein demokratisches Miteinander und gegen jeglichen Rassismus und andere Formen der Menschenfeindlichkeit - damit Hass und Gewalt der Vergangenheit angehören.
Der Angolaner Amadeu Antonio kam als Vertragsarbeiter nach Europa, wo für ihn ein neues Kapitel beginnen sollte. Ein Leben voller Wünsche und Träume, die unerfüllt blieben.
Eine Gruppe aus 50 rechtsextremen jungen Erwachsenen jagte den jungen Amadeu Antonio in der Nacht zum 25. November 1990 durch Eberswalde. Die Polizei beobachtet das Szenario und greift nicht ein. Am 6. Dezember verstarb der Angolaner. Ein Rückblick auf den Mord.
Bis zur Wende wohnten 90.000 ausländische Vertragsarbeiter*innen in der DDR. Rund 6.000 von ihnen kamen aus Angola – wie Amadeu Antonio. Ihnen wurden gute Ausbildungen und ordentlich bezahlte Jobs versprochen. Doch die Realität sah häufig anders aus.
Rechtsanwalt Ronald Reimann vertrat im Prozess die Familie Amadeu Antonios. Wir sprachen mit ihm über die Gerichtsverhandlungen und die Rolle der Justiz.
Augusto Jone Munjunga kam 1987 zusammen mit Amadeu Antonio und 102 weiteren Vertragsarbeitern aus Angola in die damalige DDR. Er ist Mitbegründer und Vorsitzender des afrikanischen Kulturvereins Palanca e.V., der sich in Eberswalde und Brandenburg für Vielfalt einsetzt und anti-rassistische Bildung im Umland betreibt.
Heute gilt das brandenburgische Eberswalde als vorbildliches Beispiel im Kampf gegen Rechtsextremismus – ein langer Prozess.
Marieta Böttger ist Eberswalderin und war viele Jahre lang zunächst Ausländerbeauftragte, später Integrationsbeauftragte des Landkreises Barnim. Im Interview berichtet sie über das Klima in Eberswalde nach dem Mord an Amadeu Antonio und was sich seither dort getan hat.
Dem Andenken an Amadeu Antonio hat sich der Afrikanische Kulturverein Palanca e.V. in Eberswalde verschrieben. Doch nicht die Trauer steht im Vordergrund: Vielmehr setzt sich der Verein erfolgreich und kreativ für Akzeptanz, Annäherung und Integration ein.
Die Bürgerstiftung Barnim-Uckermark ist die erste Bürgerstiftung in Brandenburg. 2003 gegründet, wollte die Bürgerstiftung Barnim-Uckermark von Anfang an demokratiefördernd wirken.
Amdeu Antonio war eines der ersten Todesopfer rechter Gewalt seit dem Wendejahr 1990. Mindestens 219 Todesopfer rechter Gewalt dokumentiert die Amadeu Antonio Stiftung seitdem - und geht dabei von einer hohen Dunkelziffer aus.
Nach erneuten Recherchen im Herbst 2020 erinnern wir auch an Alexandra Rousi, Rolf Baginski, Friedrich Maßling, Philipp. W. und Christian Sonnemann als Opfer rechter Gewalt.
Von der Bundesregierung werden lediglich 116 der Tötungsdelikte als rechts motiviert gewertet und damit staatlich anerkannt.
Seit Jahren beklagt die Amadeu Antonio Stiftung die große Diskrepanz zwischen der Anerkennung von Todesopfern rechter Gewalt durch staatliche Behörden und der Zählung durch unabhängige Organisationen sowie Journalist*innen. Die Stiftung setzt sich deshalb unermüdlich für die staatliche Anerkennung weiterer Opfer ein.
Allein in Brandenburg kamen mindestens 30 Menschen durch rechte, rassistische und antisemitische Gewalt ums Leben.
Amadeu Antonio ist nicht das einzige Todesopfer rechter Gewalt in Eberswalde:
Am 31. Mai 2000 wird der 22-jährige Punk Falko Lüdtke dort von dem 27-jährigen Rechtsextremen Mike B. vor ein Taxi gestoßen und von diesem tödlich erfasst. Der Täter kam mit einer milden Strafe davon, es sollte 15 Jahre dauern, bis Falko Lüdtke auch staatlich als Todesopfer rechter Gewalt anerkannt wird.
Seit vielen Jahren setzt sich der Verein Opferperspektive e.V. in verschiedenen Projekten mit den Todesopfern rechter Gewalt in Brandenburg auseinander. Eine Website dokumentiert deren Schicksale.
Materialien für pädagogische Fachkräfte zum Thema Rassismus vor und nach 1989 in Ostdeutschland am Beispiel der Ermordung Amadeu Antonios.
Im „Kinderrechte Club“ nehmen Kinder ihre eigenen Interessen wahr. Sie engagieren sich und gestalten ihr Umfeld. Das will gelernt sein – von Erwachsenen und Kindern gleichermaßen.
Der Preis ehrt Künstler:innen und Werke, die sich gegen Rassismus und Diskriminierung stark machen und für Menschenrechte eintreten.
In Eberswalde feierte ein ganz besonderes Theaterstück Premiere: PUNK A GONNY! ist ein Projekt mit Punkrockern und anderen Alltagsexperten, die mit einer alten Geschichte von Brecht im Gewand zeitgenössischen Theaters ihre Lebensrealität beleuchten.
Ein neuer Blick auf das demokratische Engagement im ländlichen Raum.
Wie erlebten Migrant*innen die deutsche Wiedervereinigung? Zwei Projekte aus beiden Teilen Deutschlands, die von der Amadeu Antonio Stiftung gefördert werden, widmen sich diesen Erinnerungen.
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Außerdem sehenswert: Die Dokumentation von Thomas Balzer für das ZDF aus dem Jahr 1992, mit zahlreichen Interviews.