Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit
Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit - Was ist das?
Jeder Mensch ist anders, jeder Mensch ist einzigartig. Und dennoch hassen einige Menschen andere oder werten andere ab, weil sie jüdisch sind oder muslimisch, weil sie homosexuell, Frauen, behindert oder Schwarz sind - um nur einige zu nennen. Menschen werden angefeindet und diskriminiert, weil sie (vermeintlich) einer bestimmten Gruppe angehören. Diese Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit kann dabei ganz unterschiedliche Ausprägungen haben - mit ganz unterschiedlichen Konsequenzen für die Betroffenen.
Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ist eine ideologische Einstellung. Wie viele Ideologien, ist sie ansteckend und verbreitet sich, je weniger ihr widersprochen wird. Das gesellschaftliche Potenzial für Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ist in der Gesellschaft leider sehr hoch. Positionen, die Menschen explizit und implizit herabwürdigen und ihnen einen geringeren Wert zumessen, finden bei Befragungen immer wieder erschreckend hohe Zustimmungswerte. Dies zeigt sich bei allen Formen der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit.
Niemand, der von Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit betroffen ist, kann etwas dafür. Niemand kann ändern, wer er oder sie ist, welche Hautfarbe, Herkunft, Religion, soziale Situation oder welches Geschlecht er oder sie hat. Bei Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit werden aufgrund solcher angenommener und tatsächlicher Merkmale Menschen diskriminiert, herabgewürdigt und angefeindet.
Wer andere beleidigt oder ausgegrenzt, weil sie einer bestimmten Gruppe angehören, denkt möglicherweise, dass die Personen, die das betrifft, nicht so viel wert sind wie er selbst. Die Angrenzenden nutzen die Ideologie auch um sich selbst mit der Abwertung anderer aufzuwerten. Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und die Ungerechtigkeit, die die Betroffenen dabei erfahren, haben teilweise immense Auswirkung auf ihr Leben.
Mit ihren Chroniken dokumentiert die Stiftung menschenfeindliche Gewalt aus zivilgesellschaftlicher Sicht.
Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit tötet
Während des Nationalsozialismus wurden Menschen getötet, wenn sie einer der verhassten Gruppen angehörten oder ihnen dies unterstellt wurde. Nach diesen Verbrechen wurden im Grundgesetz der Bundesrepublik Werte und Normen festgelegt, die eine Wiederholung solcher Taten unmöglich machen sollen. Die Einstellung der Menschen kann es nicht bestimmen. Denn Diskriminierungspraktiken und die Vorstellung, dass Menschen unterschiedlich viel wert sind, haben eine lange Tradition. Manche Vorurteile sind tief eingegraben in unsere Geschichte(n), werden mit der Erziehung weitergegeben und im Bildungssystem reproduziert. Auch gesellschaftliche Bedingungen und strukturelle Benachteiligungen verstärken oft negative Einstellungen gegenüber Minderheiten.
Wie funktioniert Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit?
Unsere Vorstellungen von anderen haben oft damit zu tun, zu welcher Gruppe sie gehören – oder unserer Ansicht nach zu gehören scheinen. Vielfach stecken dahinter Vorurteile, die mit der konkreten Person vor uns nichts zu tun haben. Dies kann zu Missverständnissen oder sogar bis zur Diskriminierung führen. Das Grundgesetz untersagt die Diskriminierung aufgrund bestimmter Merkmale.
Jede:r Einzelne kann gleichzeitig Opfer von Abwertung werden und selbst andere abwerten. So können Homosexuelle antisemitisch sein, Obdachlose sexistisch, Schwarze homophob, Frauen rassistisch oder Juden behindertenfeindlich.
Menschen können auch gleichzeitig mehreren benachteiligten oder diskriminierten Gruppen angehören und damit mehrfacher Ausgrenzung ausgesetzt sein. Ein schwuler Geflüchteter kann rassistische und homofeindliche Anfeindungen erfahren und eine jüdische Rollstuhlfahrerin antisemitisch, sexistisch oder/und auch behindertenfeindlich diskriminiert werden. In solchen Situationen wird von Mehrfachdiskriminierung gesprochen.
In dieser Flyerserie der Amadeu Antonio Stiftung werden verschiedene Formen und die Funktionsweise Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit - einfach erklärt - beleuchtet.
Welche Formen Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit gibt es?
Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit kann unzählige Formen und Ausprägungen annehmen. Welche Gruppen von Diskriminierung betroffen sind, ist dabei auch im Wandel und in ständiger Diskussion. Einige Formen sind jedoch schon sehr alt und haben eine jahrhundertealte Geschichte. Die wichtigsten Ausprägungen werden hier vorgestellt.
Rassismus – Was ist das?
Rassismus ist eine Ideologie, die Menschen aufgrund ihres Äußeren, ihres Namens, ihrer (vermeintlichen) Kultur, Herkunft oder Religion abwertet.
Antisemitismus – Was ist das?
Der Hass auf Juden und die Ablehnung des Jüdischen drückt sich in Form von Schändungen von jüdischen Friedhöfen, judenfeindlichen Schmierereien, der Leugnung des Holocausts, (Brand-)anschlägen auf Synagogen sowie Beleidigungen und Gewalt gegenüber Jüdinnen:Juden aus.
Antiziganismus: Rassismus gegen Sinti*zze und Rom*nja – Was ist das?
Rom*nja und Sinti*zze sind die größte und eine der ältesten Minderheiten Europas. Über Jahrhunderte und über Nationalstaaten hinweg, sind sie von Ausgrenzung, Diskriminierung und Gewalt betroffen.
Antimuslimischer Rassismus – Was ist das?
Der Islam mit all seinen Facetten wird oftmals vereinfacht und vereinheitlicht, indem “der” Islam als “gefährlich” oder zumindest “fremd” und als Bedrohung dargestellt wird. Für Betroffene bedeutet das neben rassistischer Anfeindung und Angriffen auch Diskriminierung und Ungleichbehandlung.
Feindschaft gegen Obdachlose – Was ist das?
Wohnungs- und Obdachlose befinden sich häufig in schwierigen Lebenssituationen, aus denen sie nur schwer herausfinden. Umso schlimmer ist, dass sie Anfeindungen, Hass und Gewalt erleben müssen.
Sexismus: Abwertung aufgrund von Geschlecht – Was ist das?
Sexismus schreibt Männern und Frauen vor, wie sie leben sollen, was sie können müssen, wie sie fühlen sollen und wen sie lieben dürfen. Frauenhass und sexualisierte Gewalt ist alltäglich und sexistische Klischees grenzen die Entfaltungsmöglichkeiten und Lebensentwürfe von allen ein.
Homo- und Trans*feindlichkeit – Was ist das?
Menschen, die nicht den gesellschaftlichen Erwartungen an ihr zugeschriebenes Geschlecht erfüllen möchten oder können, ihr Geschlecht außerhalb der Norm definieren, oder anders lieben, müssen sich noch immer verstecken, werden angefeindet oder erleben Gewalt.
Lookismus: Diskriminierung aufgrund von Aussehen – Was ist das?
Menschen, die aufgrund ihrer äußeren Erscheinung nicht ins gesellschaftliche Ideal passen, müssen bereits früh mit Ausgrenzung und Herabwürdigung leben. Wenn die Argumente ausgehen, wird der Körper kommentiert und bewertet. Mit schlimmen Folgen für die Betroffenen.
Ableismus: Abwertung von Menschen mit Behinderung – Was ist das?
Menschen mit unterschiedlichen körperlichen oder geistigen Befähigungen werden oft so behandelt, als würde mit ihnen etwas nicht stimmen. Sie werden aufgrund ihrer körperlichen und psychischen Merkmale und Beeinträchtigungen diskriminiert, entmündigt, angefeindet oder angegriffen.
Klassismus: Diskriminierung aufgrund sozialer Herkunft – Was ist das?
Niemand kann entscheiden, in welches soziale Umfeld er oder sie hineingeboren wird. Dabei bestimmt unser Wohlstand viele der Chancen und Möglichkeiten in der Gesellschaft. Arme Menschen werden stigmatisiert, ausgegrenzt und von gesellschaftlichen Ressourcen ausgeschlossen.
Feindschaft gegen Geflüchtete – Was ist das?
Geflüchtete Menschen sind besonders verwundbar und haben oft traumatisierende Erfahrungen in ihren Herkunftsländern und auf der Flucht gemacht. Umso verheerender ist es, dass ihnen in Deutschland häufig rassistischer Hass und Gewalt entgegenschlägt.
Anti-Asiatischer Rassismus – Was ist das?
Während der Corona-Pandemie kommt es weltweit zu Beschimpfungen, zu Ausgrenzung und körperlichen Angriffen auf Menschen, die als asiatisch wahrgenommen wurden.
Altersdiskriminierung – Was ist das?
Auch alte und junge Menschen können von Diskriminierung betroffen sein. Auf Basis von diskriminierenden Annahmen über das Alter werden Menschen ausgegrenzt und ihnen wird die Mündigkeit zur Teilhabe an der Gesellschaft abgesprochen.
Anti-Schwarzer Rassismus – Was ist das?
Es gibt keine wissenschaftliche Begründung für die Einteilung der Menschen in Rassen. Dennoch fußen rechtsextreme und rassistische Weltbilder auf der Vorstellung, die eigene “weiße Rasse“ oder das “weiße Volk” sei anderen überlegen.